Datum:
14. Nov 2008 - 16. Nov 2008Beginn: 14:00 Uhr
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siehe untenErgebnis Schule: Abschluss?
“Ergebnis Schule: Abschluss?” Unter diesem Thema lädt die Bundesschülervertretung nach Berlin-Kreuzberg zur Tagung ein. Kommen kann Jeder und Jede der will, der oder die sich dem Thema verbunden fühlt und gemeinsam mit anderen jungen Leuten aus ganz Deutschland Schule anders und neu denken und ergreifen will.“
So rief der Sprecherkreis zur Teilnahme an der 13. Tagung der Waldorfschülervertretung (WSV) auf. Die Resonanz war deutlich gewaltiger als geplant: knapp über 150 junge Menschen aus ganz Deutschland reisten für ein Wochenende, vom 14. bis 16.11. nach Berlin, um sich mit dieser Thematik auseinanderzusetzen. Ein allgemeines Ergebnis zum Thema „Ergebnis Schule: Abschluss?“ blieb jedoch aus.
Und das ist auch gut so. Denn Ziel der Tagung war nicht, zu einer allgemeinen Erklärung mit Verhaltenskatalog und Resolution zu kommen – nein, Ziel war, Schule anders zu denken und zu ergreifen. Also: ins Gespräch gehen, Austauschen, Denken. Um dann – vielleicht – zu einer Ahnung zu kommen, was denn das Ergebnis von Schule sein könnte bzw. sein sollte – oder ob Schule überhaupt ein fest definiertes Ergebnis haben muss.
Entstanden war der Tagungstitel aus der Beobachtung und dem Umgang des Sprecherkreises der WSV mit den aktuellen Bildungspolitischen Geschehnissen, die sich immer mehr der Prämisse hinzuwenden scheinen: Fabrik: Schule /// Produkt: Abschluss. Denn folgt man dem Verlauf der öffentlichen Bildungsdiskussion, so merkt man, dass sich oftmals alles nur um Abschlüsse dreht, um Berufschancen, um möglichst viele Möglichkeiten – und alles das muss schnell passieren, Schulzeit reduzieren, freie Projektarbeiten wegsparen und und und. Als Stichworte seien hier PISA, Verträge von Bologna und g8 genannt. Es entsteht eine ungeheure Fixierung auf den Abschluss als das Bedeutendste der Schule. Rückwärtig wird nun die Schulzeit ausgehend von dem Abschluss definiert. Der einzelne Schüler wird dabei nur noch ausführendes Objekt – und auch an den Waldorfschulen zieht die neue Bildungswelle nicht spurlos vorbei: Gymnasiale Oberstufe (Studienstufe), Wegrationalisierung von Jahresarbeit und Klassenspiel etc…
Daraus entstanden für uns die zentralen Fragen, die uns, den Sprecherkreis, während der Vorbereitungen begleitet haben: Was bedeutet Abschluss eigentlich? Wie muss ein Abschluss aussehen? Wozu und womit schließe ich ab? Welche anderen Formen des (Schul)Abschließens gibt es?
Aus diesen Fragen und den eben formulierten Beobachtungen der Zeitumstände heraus haben wir versucht, die Tagung zu gestalten. Und zwar Inhalt wie auch die Form.
Als Beitragende konnten wir eine ganz Reihe sehr interessanter Menschen gewinnen, die alle in verschiedenster Richtung neue und innovative Wege gehen, mit dem Thema Abschluss umzugehen. Innovativ heißt hier, dass diese Wege ausbaufähig und nachahmbar sind:
Prof. Declan Kennedy, Vorsitzender der GaiaUniversity, Nils Meister, Freiraumfoscher, David Masuch, engagiert bei IDEM (identity through initiative), Maria Veron und Friedel Reinhardt, Mitinitiatoren von captura / schule-zukunft-mensch, Jakob v. Verschür, Ton- und Eurythmie-Künstler, Benjamin Kolass, verantwortlich für projekt.zeitung sowie Mona Doosry, Lehrerin für Deutsch, Kunstgeschichte und Schauspiel in Hamburg.
Dabei war es uns wichtig, dass diese Menschen nicht als Lehrer im klassischen Sinne auftreten, sondern als Menschen, die in eine Richtung gegangen sind und etwas erfahren haben und dieses mitteilen. Andersherum haben wir von den Teilnehmern erwartet, selber ins Gespräch zu gehen, selber sich einzubringen. Die ganze Tagung war also aufgebaut auf der aktiven Teilnahme der Anwesenden. Eben aus diesem Grunde haben wir auch weitgehend auf die Vortragsform verzichtet und das Gespräch als vorrangige Form gewählt. Denn wie schreibt schon Goethe in seinem Märchen „was ist erquickender als das Licht? Das Gespräch.“
Auch der Tagesplan und die Raumgestaltung war so angelegt, dass das Gespräch, der
Austausch von Mensch zu Mensch im Mittelpunkt stand und auch räumlich wie zeitlich möglich sein konnte.
All dies basiert auf der Idee, dass die Tagung selber nicht nur ein Ort ist, wo über Schule geredet wird, sondern ein Ort ist, an dem Schule neu stattfindet. Natürlich ist es innerhalb einer so kurzen Zeit nur in Ansätzen möglich, das zu erfahren. Aber dennoch ist es spürbar. Es ist spürbar, dass Schule auch anders sein kann und dass Schule nur das ist, was wir aus ihr machen. Wir, das sind Schüler. Wir, das sind Lehrer, wir, das sind die Eltern – alle Menschen, die an dem Schulleben beteiligt sind.
Doch zurück zum Tagungsthema. Ergebnis Schule: Abschluss? Diese Frage stand nun recht provokativ im Raum und forderte nun doch eine Antwort, jedoch nicht im Sinne einer allgemeinen Richtlinie, sondern als Aktivität, als Suche nach neuen Wegen. Am Samstagvormittag wurde also in kleinen Gruppen das Thema aufgegriffen. Und zwar derart, das jeder der Referenten seinen Zugang zum Thema kurz vortrug, und seine Frage an das Thema formulierte. Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen waren nun aufgefordert, sich zu dem Menschen zu gesellen, der mit seiner Frage die ihrige am nahesten berührte.
Am Nachmittag war Zeit für spontane Gedanken und Ideen, Raum für Fragen, die sich im Laufe des Vormittag gestellt hatten, Raum für neue Arbeitsgruppen – kurz: sogenannter „open-space“. Am frühen Abend hatte Frau Mona Doosry aus Hamburg das Wort. In einem einstündigen Vortrag versuchte sie das Thema aus Sicht der Anthroposophie und der Waldorfpädagogik zu greifen – und kam letztendlich zu folgender Aussage, welche die Grundstimmung der Tagung voll zu treffen schien, zumindest sehr prägnant aussagt, worum es in der Schule gehen könnte, das nämlich der Abschluss in der Schule in keiner weise das einzig erstrebenswertes Ziel sein sollte:
„Und deswegen ist das Wort Abschluss völlig falsch. Es müsste heißen: ERGEBIS SCHULE-ZUKUNFT GESTALTEN. Abschluss ist vergangenheitsorientiert, da wird etwas zu Ende gebracht. Schrecklich, wenn die Schule etwas zu Ende bringt! Die Schule endet so, dass es ein Anfang ist und das ihr ins Leben tretet und euch alle Möglichkeiten offen stehen. Ergebnis Schule kann also nur heißen: Ich stehe am Anfang und ich kann jetzt die Zukunft gestalten.“
Kim-Fabian von Dall’Armi